Eine kleine Wochenschau | KW12-2023

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, h?ufig trivial, meistens egal.


20. M?rz 2023, Berlin

Heute ist Internationaler Tag des Glücks. Trotzdem bekomme ich keine Benachrichtigung, dass wir am Wochenende im Lotto gewonnen haben. Für mich pers?nlich hat der Internationaler Tag des Glücks noch ziemlich viel Luft nach oben.

Und jetzt kommen Sie mir bitte nicht mit ?Christian, Geld allein macht nicht glücklich.“ Natürlich stimmt das, aber ich halte es trotzdem mit Marcel Reich-Ranicki, der gesagt haben soll: ?Es ist besser, im Taxi zu weinen, als in der Stra?enbahn.“

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Eine kleine Wochenschau | KW12-2023 (Teil 2)

Teil 1


24. M?rz 2023, Berlin

Ich stehe im dm vor dem Regal mit den K?rperp?egeprodukten und bin ratlos. Meine Frau hat auf unsere Einkaufslisten-App Body Lotion geschrieben. Einfach nur Body Lotion. Ohne weitere Erl?uterung. Das ist sehr unspezi?sch. Im Regal stehen ungef?hr 324.312 verschiedene Body Lotions. Um genau zu sein, gibt es Body Lotion, Body Balsam, P?egecreme, Creme-?l, K?rper?l, K?rpermilch, K?rperbutter und vieles mehr. (K?rperk?se und K?rperquark kann ich allerdings nicht entdecken.) Wie soll ich da wissen, welche Body Lotion meine Frau mitgebracht haben will?

Ich überlege, welche K?rperlotion meine Frau bei uns im Bad stehen hat, kann mich aber nicht erinnern. Auf der Ablage vor unserem Spiegel sind sehr viele Tiegelchen, Tübchen, D?schen und Fl?schchen aufgereiht, die zu unterschiedlichen Tageszeiten und für verschiedene K?rperregionen zum Einsatz kommen. Da kannst du schon mal den ?berblick verlieren. Vor allem, wenn nichts davon dir geh?rt. Vielleicht sollte ich einfach etwas aufmerksamer sein. Sonst entgleitet einem so etwas schnell. An einem Tag wei?t du nicht, welche Body Lotion deine Frau verwendet und am n?chsten vergisst du ihren Geburtstag.

Ich entscheide mich schlie?lich für eine hautstraffende Lotion Q10 der dm-Hausmarke. Keine Ahnung, für was Q10 steht. Es scheint auf jeden Fall ein vielversprechender Inhaltsstoff zu sein, denn es gibt mehrere Produkte, bei denen das gro? auf dem Etikett steht.

Ein bisschen unsicher bin ich dennoch, ob das die richtige Wahl ist. Deiner Frau eine hautstraffende Lotion mitzubringen, kann leicht als wenig subtiler Hinweis verstanden werden, dass du findest, ihre Haut sei zu schlaff und h?ngend, und sie solle da besser mal mit ein wenig Lotion gegenwirken. Das ist fast schon wie einen Gutschein vom Sch?nheitschirurgen für Facelifting und Fettabsaugung zu verschenken.

Ich glaube jedoch mich zu erinnern, dass meine Frau kürzlich von genau dieser Lotion gesprochen hat. Die h?tte bei ?ko-Test viel besser als die teureren Markenprodukte abgeschnitten. M?glicherweise irre ich mich aber auch. Ich sollte vielleicht bei Unterhaltungen mit meiner Frau ebenfalls aufmerksamer sein.

25. M?rz 2023, Berlin

Heute ist Tag der Waffel. Ein sehr begrü?enswerter Feiertag verglichen mit den doch h?ufig skurrilen Gedenktagen, die mir unterkommen. Leider kann ich den Tag nicht gebührend begehen, indem ich mir eine Waffel einverleibe. Oder besser gleich mehrere. Noch habe ich mein mir gesetztes Ziel-Laufgewicht nicht ganz erreicht. Der Verzehr eines Lebensmittels, das gr??tenteils aus kurzkettigen Kohlenhydraten und Fett besteht und zus?tzlich mit Puderzucker – das hei?t, mit Kohlenhydraten in Pulverform – bestreut wird, bringt mich diesem Ziel sicherlich nicht n?her.

Au?erdem ist Waffelbacken eine recht nervige Angelegenheit. Es schr?nkt den Genuss doch erheblich ein, dass das S?ubern des Waffeleisens mehr Zeit in Anspruch nimmt als das Backen und das Essen. Au?er bei den Kindern. Die lassen das Waffeleisen einfach auf der Küchenanrichte stehen – ?Das muss ja erst abkühlen!“ –, wo es dann in Vergessenheit ger?t. Bis es sich irgendwann wie von Zauberhand selbst reinigt. (Die Zauberh?nde geh?ren zuf?lligerweise zu Personen, die gro?e ?hnlichkeit mit meiner Frau oder mir aufweisen.)

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Samstag. Das hei?t für mich wieder 35-Kilometer-Lauf. Diesmal mit neun Kilometern Endbeschleunigung im Marathon-Tempo. So weit so ungut. Noch unguter ist, dass der lange Lauf zum noch l?ngeren Lauf wird, weil wir im Grunewald statt 17 fast 20 Kilometer laufen. Inklusive Hinweg habe ich somit schon 29 Kilometer auf der Uhr und vor allem in den Beinen. Bis ich zuhause bin, werde ich auf 38 Kilometer kommen.

Das motiviert nicht gerade. Dass ich den kompletten Heimweg in der Endbeschleunigung bestreiten muss, ebenfalls nicht. Die darf laut Peter ?Der Schinder“ Greiff, von dem ich den Laufplan übernommen habe, auf gar keinen Fall abgekürzt werden. In diesen letzten Kilometern stecke überproportional viel Nutzen. Bei ihm liest sich das so, dass du, wenn du die Endbeschleunigungs-Kilometer nicht bis zum letzten Meter l?ufst, das Marathonvorhaben gleich ganz sein lassen kannst. Dass er dafür nur Verachtung übrighat, versteht sich von selbst.

In einer Mischung aus unterwürfiger Obrigkeitsh?rigkeit, preu?ischem Pflichtgefühl und Angst vor dem Marathon laufe ich den Heimweg also im angestrebtem Renntempo. Aber es fühlt sich nicht sch?n an und ich bin mir ziemlich sicher, dass es auch nicht sch?n aussieht.

Gegen Ende des Laufs muss ich an einer roten Ampel anhalten. Ich schnaufe kurzatmig und fluche: ?Fuck, fuck, fuck, fuck!“ Die junge Frau neben mir schaut irritiert und vergr??ert sicherheitshalber den Abstand zu mir. Dass ich mir unterdessen mit dem Handrücken Schmodder vom Mund wische, macht unsere Begegnung für sie sicherlich nicht erquicklicher.

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Meine Frau und der Sohn sind dieses Wochenende wieder in Greifswald. Wieder auf einem Judoturnier. Eigentlich w?re es an mir gewesen, ihn zu begleiten, aber die Marathonvorbereitung bietet mir die perfekte Entschuldigung, nicht mitfahren zu k?nnen. Wobei ich auf dem letzten Endbeschleunigungskilometer zu dem Schluss komme, dass die Wortwahl ?perfekte Entschuldigung“ m?glicherweise etwas unpr?zise ist.

Aber meine Frau f?hrt auch gerne zu den Turnieren mit. Heute allerdings nicht ganz so sehr. Auf der Hinfahrt l?sst sie ihre Umh?ngetasche samt Geldbeutel und damit samt EC- und Kreditkarte sowie Perso im Zug liegen.

Der Sohn tritt heute bei den Erwachsenen an. Ich schaue mir seine Wettk?mpfe nachmittags am Schreibtisch per Livestream an. Auf meiner Schreibtischunterlage klebt ein Foto des Sohns. Auf dem Bild ist er knapp ein Jahr alt, sitzt im Strampler in seinem Hochstuhl und strahlt in die Kamera. Der Sohn auf dem Bildschirm versucht derweil, sich gegen hünenhafte M?nner zu behaupten und zu vermeiden, dass diese ihn abwürgen. Das gelingt ihm sogar erfolgreich und belegt einen unerwarteten fünften Platz. Der Einj?hrige im Hochstuhl lacht fr?hlich.

26. M?rz 2023, Berlin

Heute ist Erfinde-deinen-eigenen-Feiertag-Tag. Ich glaube die Betreiber des Kalenders, dem ich immer die ganzen Gedenktage entnehme, haben jeden Tag Erfinde-deinen-eigenen-Feiertag-Tag.

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Beim Sohn l?uft es heute nicht so gut in Greifswald. Er knickt im ersten Kampf um und beendet das Turnier lieber. Dafür sind meine Frau und er wenigstens früh zuhause.

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In Berlin wird mal wieder abgestimmt. Diesmal ein Volksentscheid. Ob Berlin bis 2030 klimaneutral sein soll, anstatt bis 2045, wie es bisher vorgesehen ist.

Ist die Mehrheit der Berliner*innen informiert genug, um eine solche weitreichende Entscheidung zu treffen? Wahrscheinlich nicht. (Und ich schlie?e mich da explizit ein.) Ist das Ziel realistisch und umsetzbar? Wahrscheinlich auch nicht. Hat Berlin genügend Geld, um das alles zu bezahlen? Definitiv nicht. (Zumindest nicht ohne Schulden zu machen.) Ist die Initiative trotzdem richtig und wichtig? Ich denke schon. Ein wenig Klimaschutz-Druck schadet dem neuen, voraussichtlich schwarz-roten Senat sicherlich nicht. Au?erdem ist Berlin nicht gerade dafür bekannt, politische Vorhaben reibungslos, effizient und pünktlich umzusetzen. Deswegen bin ich eher skeptisch, ob das mit der Klimaneutralit?t bis 2045 klappt. Au?er die Vorgabe lautet 2030. Dann vielleicht doch.


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Eine kleine Wochenschau | KW11-2023 (Teil 2)

Teil 1


17. M?rz 2023, Berlin

Heute ist St. Patrick’s Day. Ein Tag, über den ich mir nie gr??ere Gedanken gemacht und den ich auch noch nie begangen habe. M?glicherweise liegt das daran, dass ich kein Guinness mag. Mir ist Guinness zu m?chtig. Das schmeckt für mich, als würde ich einen Laib Brot trinken. Dann esse ich aber lieber Brot. Das kann ich wenigstens mit Butter beschmieren und mit K?se belegen. (Und um der Spie?igkeit zu huldigen, packe ich vielleicht noch ein paar Gürkchen oben drauf.)

Da die Tochter in Irland studiert, besch?ftige ich mich erstmalig mit dem St. Patrick’s Day. Nicht sonderlich überraschend wird er zu Ehren von St. Patrick abgehalten. Der war ein irischer Bischof, lebte im 5. Jahrhundert und gilt als erster christlicher Missionar in Irland. Da in Irland Religion bis heute einen hohen Stellenwert hat, wird das als etwas Positives gesehen und das gro? gefeiert.

In Carlow begannen die Feierlichkeiten bereits am Mittwoch. M?glicherweise aber auch nur für Studierende, die den St. Patrick’s Day als Ausrede nutzten, um bereits Mittwochabend Party zu machen. Wobei ich aufgrund der Erz?hlungen der Tochter aus ihrem ersten Studienjahr nicht den Eindruck habe, dass die Studierenden in Carlow – und wahrscheinlich auch nicht in den anderen irischen Uni-St?dten – eine Entschuldigung brauchen, um unter der Woche bis in die frühen Morgenstunden auszugehen und Alkohol in rauen Mengen zu trinken.

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Im Supermarkt legt die Frau vor mir fünf verschiedene Apfelsorten auf das Kassenband. Aber keine fünf einzelnen ?pfel, sondern fünf Apfel-Sechser-Packs. Was sie wohl zu dieser Kaufentscheidung bewogen hat? M?glicherweise bereitet sie sich auf eine Wetten-dass-Wette vor, bei der sie Thomas Gottschalk beweisen will, dass mit verbundenen Augen Apfelsorten erschmecken kann. Vielleicht hat sie aber auch eine fünfk?p?ge Familie und jedes Familienmitglied mag eine andere Sorte. Oder sie hat vergessen, welche ?pfel sie am liebsten isst und jetzt kauf sie einfach jede Sorte.

18. M?rz 2023, Berlin

Der lange 35-Kilometer-Lauf führt mich wieder in den Grunewald. Dort herrscht so viel Natur- und Waldidylle, wie ich sie das letzte Mal wahrscheinlich erlebt habe, als ich asl Kind sonntags mit meinen Eltern im Wald spazieren gehen musste. Mein Bruder und ich haben das immer gehasst. (Ein Zeichen, dass wir vollkommen ?normale“ Kinder waren.) Einmal war uns so langweilig, dass wir ?ste als Besen benutzten, um den Waldweg zu fegen. (Ein Zeichen, dass wir m?glicherweise doch keine vollkommen ?normalen“ Kinder waren.)

Mittlerweile wei? ich das Waldambiente durchaus zu sch?tzen. Hier h?rst du keinen Autol?rm, keine knatternden Motorr?der und auch sonst keine Verkehrsger?usche. Nur zwitschernde V?gel, h?mmernde Spechte und raschelnde B?ume. In der Ferne pl?tschert ein Bach. Dafür, dass mir das urbane Lebensgefühl nicht g?nzlich verloren geht, sorgt sp?ter mein Heimweg über den Kudamm.

Bei Kilometer 29 geht der Spa? der heutigen Trainingseinheit erst richtig los. Und mit Spa? meine ich Kacke. Ich muss nicht nur die letzten drei, sondern die letzten sechs Kilometer im angestrebten Marathon-Tempo laufen. Das ist ziemlich herausfordernd, denn mir stecken die ersten drei Laufstunden schon in den Knochen und nun soll ich wie das blühende Leben losrennen. (Eine Metapher die keinerlei Sinn ergibt, aber ich laufe auch schon seit 7 Uhr durch Berlin, da k?nnen sie hier keine Prosa von Thomas Mannscher Qualit?t erwarten. Nicht einmal von Sebastian Fitzekscher Qualit?t. (Sorry, Sebastian.)

Mein von der Anstrengung gezeichnetes Gesicht ist bestimmt kein allzu sch?ner Anblick für die anderen Passant*innen. Zum Glück be?nde ich mich nicht mehr am Kudamm. Schlie?lich m?chte ich den ganzen wohlhabenden Konsumwilligen nicht ihr samst?gliches Shopping-Erlebnis vermiesen.

19. M?rz 2023, Berlin

Heute ist Lass-uns-Lachen-Tag. Und Tag des Ge?ügels. Sollte es bei Letzterem um die k?stliche Zubereitung von Hühnchen, Pute & Co. gehen, hat das Ge?ügel nicht ganz so viel zu lachen.

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Meinen heutigen 20-Kilometer-,,Erholungslauf“ absolviere ich entlang des Hohenzollernkanals. Die Temperaturen sind angenehm mild, links von mir verl?uft der Fluss, rechts von mir liegt eine Kleingartenkolonie. Es ist alles sehr grün, sehr pflanzig, sehr frühlingsblumig, sehr gartenzwergig und auch ein bisschen pie?g.

Am Flussufer erblicke ich zwei Schw?ne. Nicht im Fluss, sondern auf dem Ufer. Sie fuhrwerken am Schilf rum. Vielleicht bauen sie ein Nest. Keine Ahnung, ob Schw?ne jetzt schon Brutzeit haben. Mein Wissen über Schw?ne ist sehr begrenzt. Es existiert quasi nicht. (Z?hlen Schw?ne eigentlich als Ge?ügel?)

Mich macht die Anwesenheit der Schw?ne etwas nerv?s. Schw?ne sind nicht dafür bekannt, entspannte Zeitgenossen zu sein, sondern sie sind immer latent schlecht gelaunt und aggro. Sofern mich mein nicht vorhandenes Schwan-Wissen nicht t?uscht, gehen sie keinem Streit aus dem Weg. Weder mit anderen Schw?nen noch mit Enten und auch nicht mit Menschen. W?hrend der Brutzeit sind sie noch aggressiver. Da verfügen sie über die Frustrationstoleranz von Klaus Kinski. (?Halt dich gef?lligst von unserem Nest fern, du dumme Sau!“)

Ungünstigerweise sind Schw?ne nicht nur aggro sondern auch ziemlich gro?, haben eine imposante Flügelspannweite und verfügen mit ihren langen H?lsen über einen ziemlich gro?en Vorteil im Nahkampf. Die beiden Schw?ne am Ufer sehen auch ziemlich imposant aus. Mit denen würde ich nur ungern eine k?rperliche Auseinandersetzung führen. Vor allem weil sie zu zweit sind und ich allein bin. Da würde ich mein Geld eher auf die Schw?ne wetten.

Ich bin mir auch nicht sicher, ob ich ihnen weglaufen k?nnte. M?glicherweise habe ich mehr Ausdauer als sie, aber ich wei? nicht, wie es um ihre Spurtf?higkeiten bestellt ist. Da sind sie mir m?glicherweise überlegen. Da nützt es mir dann auch nichts, dass ich l?nger laufen kann als sie. Glücklicherweise interessieren sich die Schw?ne nicht weiter für mich und lassen mich von dannen ziehen. Wobei es bestimmt ein spektakul?res Schauspiel gewesen w?re, wie ein Jogger von zwei Schw?nen verfolgt und verprügelt wird. Das würde ich mir auf YouTube auch anschauen. Allerdings nur ungern mit mir in der Hauptrolle.


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Eine kleine Wochenschau | KW11-2023

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, h?ufig trivial, meistens egal.


13. M?rz 2023, Berlin

Heute ist ?ffne-drinnen-einen-Regenschirm-Tag. Lieber w?re mir der Du-musst drau?en-keinen-Regenschirm-?ffnen-Tag. Ist es aber nicht. Es regnet. Dafür liegen die Temperaturen wenigstens im zweistelligen Bereich. Ob das Wetter-Glas halbvoll oder halbleer ist, h?ngt davon ab, ob du rausgehen musst oder drinbleiben kannst.

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Eine kleine Wochenschau | KW10-2023

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, h?ufig trivial, meistens egal.


06. M?rz 2023, Berlin

Marathonvorbereitung, Woche 2. Heute ist ein ?otter Zehner angesagt. Das ist keine Massenorgie zur Verbesserung der kardiorespiratorischen Ausdauer, sondern ein – wie es im Plan hei?t – Tempodauerlauf von zehn Kilometern. Aber ich finde, flotter Zehner klingt cooler. (Ungef?hr so cool wie ?fesche Frisur“ oder ?pfiffige Idee“.) Damit das Training richtig Spa? macht, liegt die Temperatur knapp über dem Gefrierpunkt und es schneeregnet leicht. W?hrend des Laufes l?uft meine Nase unnormal stark. Ich wei? nicht, ob das mit der K?lte, der Anstrengung oder mit irgendeiner anatomischen Anomalie meiner Nasenscheidew?nde zusammenh?ngt. G?be es ein Verfahren, mit dem aus halbflüssigem Nasenschnodder Energie gewonnen wird, k?nnte ich mit meinem Rotz allein die Energieprobleme Deutschlands, wenn nicht gar der ganzen Welt, l?sen.

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Eine kleine Wochenschau | KW10-2023 (Teil 2)

Teil 1


11. M?rz 2023, Berlin

Der Laufplan sieht heute wie jeden Samstag wieder den 35-Kilometer-Lauf vor. Damit es nicht zu langweilig wird, müssen die letzten drei Kilometer im Marathon-Tempo gelaufen werden. Das ist gar nicht so einfach. Zum einen weil du dann ja schon 32 Kilometer gelaufen bist, zum anderen weil du dich in dem vorherigen wesentlich langsamerem Tempo gemütlich eingerichtet hast.

Das mit der sogenannten Endbeschleunigung klappt trotzdem ganz gut. Nur die letzten 500 Meter habe ich Schwierigkeiten, die Gedanken zu verdr?ngen, warum ich das eigentlich mache – mir fiel keine überzeugende Antwort darauf ein – und dass Spazierengehen doch eine viel angenehmere Art der Fortbewegung ist – da konnte ich mir nur recht geben. Dafür darf ich zuhause wieder Apfelsaft trinken. Die Freuden des kleinen Marathonvorbereiters.

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Heute ist Verehre-dein-Werkzeug-Tag. Zu Weihnachten hat die Tochter von ihren Gro?eltern ihre erste Werkzeug-Grundausstattung geschenkt bekommen. Mein Vater hat im Keller nachgeschaut, welches Werkzeug doppelt vorr?tig ist, und sie mit Hammer, verschiedenen Schraubenziehern, Zange, Meterma? und ?hnlichem ausgestattet. Ich fand das sehr gut. Zum einen ist es nachhaltig, kein neues Werkzeug zu kaufen, wenn du gebrauchtes, funktionsf?higes verschenken kannst. Zum anderen entlastet es mich, wenn wir irgendwann den Keller entrümpeln müssen.

Mit ihrem Werkzeug-Set konnte die Tochter dann gleich ihren irischen Vermieter beeindrucken, als sie ihn bat, nach der Heizung in ihrem Zimmer zu schauen, die nicht richtig funktionierte. Er meinte, dazu br?uchte er aber einen Schraubenzieher. Sie erwiderte, dass sei kein Problem und reichte ihm einen. Daraufhin sagte er, er br?uchte auch noch eine Zange. Das sei ebenfalls kein Problem, sagte die Tochter, griff in ihren Werkzeugkarton und gab ihm die gewünschte Zange. Auf seine Frage, woher sie denn so gut mit Werkzeug ausgestattet sei, erkl?rte sie, ihre Gro?eltern h?tten es ihr geschenkt. Daraufhin nickte er anerkennend und meinte: ?That’s German ef?ciency.“

Ich habe mir mein erstes Werkzeug seinerzeit selbst gekauft. Als ich 19 war und zum Zivildienst weggezogen bin. Um Geld zu sparen, bin ich in einen Restpostenmarkt gegangen, wo alles nur eine D-Mark gekostet hat. So lernte ich damals, warum es ?You get what you pay for.“ hei?t. Bei dem Schraubenzieher, den ich dort erwarb, drehte sich immer der Griff mit, wenn du etwas schrauben wolltest, bei dem Zollstock waren auf einem Abschnitt die L?ngenangaben in der falschen Reihenfolge aufgedruckt, und die untere Seite der Wasserwaage war schief. So lernte ich noch zus?tzlich: ?Wer billig kauft, kauft doppelt.“

Wobei das in meinem Fall nur bedingt stimmt. So viel Werkzeug habe ich mir gar nicht gekauft, sondern mein Vater hat mich im Laufe der Jahre immer wieder mit (neuwertigem) Werkzeug versorgt. Und das ehre ich so sehr, dass ich es so gut wie nie benutze.

12. M?rz 2023, Berlin

Sp?ter Nachmittag. Ich helfe dem Sohn bei seinen Musikhausaufgaben. (Ein Satz, der sich sehr falsch anh?rt.) Er muss einen Ausschnitt aus einem Charlie-Chaplin-Film mit Musik unterlegen.

Eigentlich sollte er die Aufgabe schon vor zwei Wochen abgeben. Da hatte er sie aber nicht richtig hinbekommen und der Lehrerin erkl?rt, er habe vergessen, die Datei hochzuladen. Letzte Woche hatte er dann Video und Musik irgendwie zusammengeschustert und dachte, er k?me damit durch. Dann sah er kurz vor der Stunde, wie professionell ein Schulkamerad die Aufgabe umgesetzt hatte. Da war ihm klar, dass er sein Video unm?glich einreichen konnte, ohne den Eindruck zu erwecken, er habe die Vertonung des Clips an ein geh?rloses Kita-Kind delegiert. Er wog ab, ob eine unentschuldigte Fehlstunde oder eine Fünf minus unvorteilhafter ist, entschied sich für letzteres und blieb dem Musikunterricht fern.

Morgen muss der Sohn seinen Clip aber wirklich vorweisen. Daher sitze ich mit ihm zusammen und unterstütze ihn dabei, die Videosequenzen mit halbwegs passender Musik zu unterlegen. Gewiss nicht, weil ich so ein gutes musikalisches Gespür habe. Ganz im Gegenteil. Es gibt Schrankw?nde Eiche rustikal, die über ein ausgepr?gteres Rhythmusgefühl als ich verfügen. Dafür besitze ich aber ein Video-Schneide-Programm, das ich halbwegs bedienen kann.

Mein Vorschlag, wir k?nnten den Ausschnitt mit Heavy-Metall oder 30er-Jahre-Schlager vertonen, weil das besonders originell sei, findet beim Sohn nur wenig Anklang. Er entscheidet sich für eine Mischung aus Marsch- und konventioneller Stummfilm-Klavier-Musik und das ist wahrscheinlich auch besser so.

Nach einer Stunde sind wir fertig. Das Ergebnis ist vielleicht kein Meisterwerk, das in die Filmmusik-Geschichte eingehen wird, aber wir sind zufrieden. Zumindest sieht das Video nicht mehr aus, als habe es ein geh?rloses Kita-Kind erstellt. Sondern ein Grundschul-Kind, das auf einem Ohr wenigstens noch 20 bis 30 Prozent h?rt.


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Eine kleine Wochenschau | KW09-2023

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27. Februar 2023, Berlin

6.30 Uhr. Ich sitze auf dem Sofa, trinke Kaffee und bin nerv?s. Nicht weil ich auf dem Sofa sitze und Kaffee trinke. Das mache ich regelm??ig, da habe ich eine gewisse Routine und mein Pulsschlag erh?ht sich deswegen nicht. (Erst ab der siebten Tasse Kaffee.) Heute startet für mich aber die Vorbereitung auf den Marathon in Hamburg. Darum bin ich etwas angespannt und aufgeregt.

Regelm??ige Mitleser*innen erinnern sich m?glicherweise, dass der Marathon in K?ln im letzten Jahr nicht besonders zufriedenstellend verlief. Mein Freund A., mein Marathon-Laufpartner in Crime, musste bei Kilometer 30 aussteigend, ich schleppte mich mehr gehend als laufend ins Ziel. Das war zwar kein existenzielles Scheitern, das mein Selbstbild und mein Selbstwertgefühl in den Grundfesten erschüttert h?tte, aber genervt hat es mich trotzdem. Daher meldete ich mich kurz nach dem unbefriedigendem Lauferlebnis in K?ln beim Hamburger Marathon an. Dieser findet in acht Wochen statt.

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Eine kleine Wochenschau | KW09-2023 (Teil 2)

Teil 1


01. M?rz 2023, Berlin

Laut Plan muss ich heute Intervalll?ufe machen. Sechs mal 1.000 Meter in circa 4:35, dazwischen immer 1.000 Meter Trabpause. Die Einheit klappt erstaunlich gut und das Tempo ist fast ein wenig zu langsam. Zumindest habe ich auf den letzten 300 bis 400 Metem nicht das Gefühl, dass mir die Beine abfallen, wie es die martialische Brachial-Prosa von Peter Greif prophezeit. Vielleicht werde ich in Hamburg doch die Kenianer herausfordern. Au?er ich ziehe mir in den n?chsten zwei Wochen doch den Kreuzbandriss zu.

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Mit seinen sechzehneinhalb Jahren hat der Sohn inzwischen ungef?hr die gleiche Klamottengr??e wie ich. Manchmal bedient er sich an meinem Kleiderschrank. Zum Beispiel zieht er gerne eine meiner Anzugshosen an. Die sei so sch?n bequem. (Hat der Junge noch nie eine Jogginghose getragen?)

Als ich mich heute früh für einen Kundentermin einkleiden m?chte, sehe ich, dass der Sohn sich einen Pullover von mir geborgt hat. Das Problem: Ich besitze nur zwei Pullover. Einen schwarzen, eng geschnittenen, der gut sitzt, und einen dunkelblauen, eher labberigen, der aber trotzdem keine coolen Grunge-Vibes ausstrahlt.

Selbstverst?ndlich hat sich der Sohn den guten Pullover genommen. Ich muss dagegen bei meinem Termin den dunkelblauen Strick-Sack tragen. Und auch noch zu einer schwarzen Hose. Dabei passen blau und schwarz nicht zusammen. Hat mir meine Frau mal erkl?rt. Mein Argument, dass der HSV früher blaue Trikots zu schwarzen Hosen trug, konnte sie nicht überzeugen. Hoffentlich verl?uft mein Kundentermin erfolgreicher als es die letzten Jahre für den HSV waren.

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Meine Mutter ist nach ihrer Knie-OP wieder daheim. Sie tr?gt eine Schiene am Bein, weil sie ihr Knie nicht beugen darf. Das ist etwas problematisch, denn aufgrund von vielen steilen und engen Treppen ist das Haus meiner Eltern alles andere als praktisch, wenn du eine Gehbeeintr?chtigung hast. Sogar ?u?erst unpraktisch, denn die Treppenstufen sind auch noch ziemlich glatt. Noch weniger barrierefrei w?re das Haus nur, wenn du dich mit einer Strickleiter in die obere Etage hangeln müsstest.

Mit Hilfe von nachbarschaftlicher und freundschaftlicher Hilfe gelangt meine Mutter aber in den 1. Stock, wo sie die n?chste Zeit bleiben muss. Andere Freunde versorgen meine Eltern mit Essen, die Nachbarn sind wiederum behilflich, einen schnellen Termin beim Physiotherapeuten zu organisieren. Es hat schon seine Vorzüge, auf dem Land zu leben.

02. M?rz 2023, Berlin

Ich wache morgens vollkommen ger?dert auf. Das liegt daran, dass ich die halbe Nacht wach war. Das war dem Blumenkohl geschuldet, den ich gestern Abend gegessen hatte. Diesen vertrug ich anscheinend nicht sonderlich gut, was dann – um die Kausalit?tskette abzuschlie?en – in Magenkr?mpfen resultierten, die mich um den Schlaf brachten.

Dass ich von Magenkr?mpfen geplagt wurde, ist für die einen wahrscheinlich eine an Irrelevanz nicht zu unterbietende Information, bei anderen ruft es Bilder im Kopf hervor, die sie gerne schnellstm?glich vergessen würden, die jedoch bis an ihr Lebensende in ihre Netzhaut eingebrannt sein werden. Da heute aber sonst nichts Spannendes passiert ist, muss ich nun mal darüber schreiben, was das Leben mir in mein imagin?res Notizheft diktiert. Beziehungsweise was der Blumenkohl in meine krampfende Magenwand ?tzt.

03. M?rz 2023, Berlin

Heute sieht der Trainingsplan einen Erholungslauf vor. ?ber 20 Kilometer. Erholung und 20 Kilometer scheinen mir nicht so recht zusammenzupassen. Da muss vielleicht noch ein bisschen am Wording gearbeitet werden.

Dafür ist das vorgeschriebene Tempo langsam. 6:20 pro Kilometer. Dadurch bin ich allerdings über zwei Stunden unterwegs. Das ist doch ein wenig anstrengend. Und ein wenig langweilig. W?hrend du l?ufst, kannst du ja nichts anderes tun, als über irgendetwas nachzudenken. So viele Gedanken habe ich aber gar nicht, dass sie für zwei Stunden reichen.

Als ich loslaufe, sind es ungef?hr null Grad. Das erh?ht auch nicht gerade das Laufvergnügen. So wie ich an der Spree entlangstampfe, müssen sich die Kenianer doch nicht allzu sehr vor mir fürchten.

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Mittags gehe ich einkaufen. Vor mir an der Kasse r?umt eine junge Frau ihre Lebensmittel ein. Dazu holt sie zun?chst aus ihrem Rucksack ein Brot von unserem Stammb?cker raus. Beinahe sage ich: ?Ach, da gehe ich gleich auch noch hin.“ Zum Glück f?llt mir gerade noch rechtzeitig ein, dass ich nicht der Typ bin, der an der Kasse Small-Talk mit fremden Menschen betreibt. (Selbst bei mir bekannten Menschen vermeide ich tunlichst Small-Talk an Supermarktkassen.)

04. M?rz 2023, Berlin

Der Trainingsplan schreibt heute den ersten 35-Kilometer-Lauf vor. Den gibt es jetzt jeden Samstag. Damit sich K?rper und Geist auf die lange Marathonstrecke einstellen. Gn?digerweise darf er ganz langsam gelaufen werden. Beziehungsweise muss ganz langsam gelaufen werden. Um Gelenke und B?nder nicht zu sehr zu belasten, damit der K?rper lernt, Energie aus den Fettdepots zu ziehen, und wegen anderer Stoffwechselprozesse, die ich noch weniger verstehe als das mit der Energie und den Fettdepots.

Zum Glück muss ich die Strecke nicht komplett allein laufen. Wenn meine Gedanken schon kaum für einen Zwei-Stunden-Lauf ausreichen, wie sollte das bei fast vier Stunden gehen? Ich treffe mich mit zwei Laufkameraden am Grunewald. Bis dorthin habe ich schon mal circa neun Kilometer absolviert, dann laufen wir 17 weitere gemeinsam und mit dem Rückweg komme ich auf die vorgeschriebene Distanz.

Nach knapp vier Stunden bin ich wieder zuhause. Meine Frau begrü?t mich mit den Worten: ?Richtig fit siehst du nicht aus.“ Nach mehr als 25 Jahren Beziehung z?hlt das als Kompliment.

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Der gro?e Vorteil eines 35-Kilometer-Laufs besteht darin, dass du danach einen halben Liter Apfelsaft – oder irgendeinen anderen Fruchtsaft – trinken darfst. Beziehungsweise musst. Um deinen nach dem Lauf entleerten Kohlehydratspeicher wieder aufzufüllen. Das soll die Regeneration verbessern. Sagt Peter Greif. Und wenn Peter Greif das sagt, mache ich das natürlich.

Der Apfelsaft ist k?stlich. Er ist erfrischend, fruchtig und sü?. Ich schw?rme meiner Frau vor, dass nach den 35 Kilometern der Apfelsaft eines der leckersten Getr?nke sei, dass ich jemals getrunken h?tte. Meine Frau zieht eine Augenbraue hoch und meint, sie müsse keine 35 Kilometer laufen, damit Apfelsaft lecker schmeckt.

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Der gro?e Nachteil eines 35-Kilometer-Laufs besteht – au?er dass er 35 Kilometer lang ist –, darin, dass dir für den Rest des Tages jegliche Energie für jedwede T?tigkeit fehlt. Zum Beispiel fürs Staubsaugen oder Bettenbeziehen. Zwei Aufgaben, die mir obliegen, weil meine Frau schon Bad und Küche putzt. Ich muss mich also aufraffen und meinen Teil der Hausarbeit erledigen. Schlie?lich kann ich die n?chsten acht Wochen schlecht jeden Samstag zu ihr sagen, sie sei allein für den Wochenendputz zust?ndig. Für die daraus resultierende Diskussion würde mir die Energie fehlen.

05. M?rz 2023, Berlin

Die erste Vorbereitungswoche endet mit einem Regenerationslauf. 20 Kilometer in ganz langsamem Tempo. Die ersten acht laufe ich gemeinsam mit meiner Frau. Im Tiergarten sehen wir einen L?ufer, der neben einem Kinderwagen steht. Er redet irgendetwas und ich denke zun?chst er telefoniert über seine Kopfh?rer. Auf gleicher H?he stellt sich aber heraus, dass er nicht redet, sondern ein Schlaflied singt. Er wirkt ein bisschen verzweifelt. Das Baby schaut in unbeeindruckt mit gro?en Augen an. Daher wahrscheinlich die Verzweiflung des Vaters.

Die restlichen zw?lf Kilometer laufe ich allein. Es sind die anstrengendsten Kilometer der ganzen Woche. Und die langsamsten. Ich fühle mich schlapp und mir ist ein bisschen langweilig. Au?erdem ist es kalt, der Wind kommt immer von vorne und irgendwann f?ngt es an zu schneien und der Schnee grieselt unangenehm ins Gesicht. Peter Greif würde das bestimmt gefallen. Nur so bekommst du die notwendige H?rte, um vielleicht nicht gegen die Kenianer aber wenigstens gegen dich selbst zu bestehen.

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Der Sohn hat seit einer Woche einen Job in einem kleinen Brauhaus. Auf 520-Euro-Basis. Zus?tzlich zu seinem Lohn darf er sich nach dem Ende seiner Schicht immer ein Essen von der Speisekarte aussuchen. Ich glaube, der Sohn wird in n?chster Zeit sehr viel Schnitzel essen.

Bei der Arbeit muss der Sohn ein graues Hemd mit dem Logo des Brauhauses und eine schwarze Schürze anziehen. Dazu tr?gt er meine Anzugshose. Die bequeme.

Haupts?chlich arbeitet der Sohn hinter der Theke. Für die Bestellungen der Kellner*innen zapft er Bier und schenkt Getr?nke aus. Ab und an r?umt er Tische ab und schleppt Kisten aus dem Lager. Manchmal muss er auch im Lager putzen. Vielleicht eignet er sich dabei ein paar wichtige Kernkompetenzen für zuhause an. Wahrscheinlich m?chte er die aber nur auf 520-Euro-Basis einsetzen.


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Eine kleine Wochenschau | KW08-2023 (Teil 2)

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22. Februar 2023, Berlin

Ich wache auf, bin schlapp und ich nehme alles nur dumpf wahr. Als h?tte ich mir einen Eimer mit Watte übergestülpt. Oder als würde mein Kopf in einer Glocke stecken, in die au?erdem noch eine Wolldecke gestopft wurde. Dabei habe ich doch erst einen Tag gefastet.

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Damit dein K?rper w?hrend des Fastens die Stoffwechselproduktion nicht komplett runterf?hrt, ist es wichtig, sich trotzdem k?rperlich zu bet?tigen. Ich gehe laufen, aber nur ganz langsam. Gegen Ende der 10-Kilometer-Runde fühlt es sich an, als würde mir mit jedem Schritt mehr Energie entzogen. Und mit gegen Ende meine ich, nach ungef?hr drei Kilometern.

Dass k?rperliche Anstrengung auch w?hrend des Fastens m?glich ist, beschreibt die Limitless-Doku am Beispiel der Hadza, einem Stamm in Tansania, dessen Mitglieder h?u?g tagelang ohne Essen auskommen. Trotzdem gehen sie auf lange und kr?ftezehrende Jagden. Angeblich macht sie die Nahrungsknappheit sogar zu besseren J?gern. Das soll mit der Keton-Produktion zusammenh?ngen. Diese wird durch die Nahrungsdeprivation angekurbelt und Ketone sind so etwas wie Notenergie für K?rper und Geist. Sie f?rdern die Konzentration und erh?hen die Wahrnehmung. In der Doku kommt nicht eindeutig raus, ob die Hadza absichtlich fasten, um ihre Sinne für die Jagd zu sch?rfen, oder ob sie fasten müssen, weil sie nichts fangen.

So energielos wie ich den Spreeweg entlangkrieche, hatte mein K?rper wohl noch keinen Bock auf Keton-Produktion. Das ist eines Hazdas vollkommen unwürdig. Dass meine Sinne besonders gesch?rft sind, kann ich auch nicht behaupten. Das muss aber nicht von Nachteil sein, wenn du an überquellenden Mülleimern oder an Hunden, die gerade ihre Notdurft verrichten, vorbeil?ufst.

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Mittags gehe ich einkaufen. Meine Frau braucht Orangen für ihre Smoothies. Au?erdem soll ich ihr für eine Veranstaltung morgen zwei Packungen Kekse mitbringen. Die Kekse auf der Verpackung sehen k?stlich aus. Am liebsten würde ich den Karton aufrei?en und das Geb?ck wahllos in mich reinstopfen. Vielleicht würde es schon helfen, wenn ich mal an der Kekspackung lecke. Es sind aber zu viele Kund*innen im Supermarkt, so dass ich das lieber unterlasse. So scharf sind meine Sinne doch noch, um zu wissen, dass an Kekspackungen lecken, nicht als sozial akzeptierte Verhaltensweise gilt.

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Die Tochter ruft abends an. Sie hat es diese Woche auch nicht leicht. In Carlow ist Rag Week. Das hat aber nichts mit Lumpen zu tun. Rag steht für Raising Gifts. Wie das genau mit dem Gift raising funktioniert, wei? die Tochter nicht. Die Woche besteht haupts?chlich daraus, jeden Abend feiern zu gehen. Scheinbar werden die Gifts für die Pub- und Clubbetreiber geraist.

Die Iren m?gen anscheinend Abkürzungen. Anfang Februar gab es bereits eine Shag Week. Da ging es aber nicht um freie Liebe, Sex und den Austausch von K?rperflüssigkeiten, sondern um Sexual Health Awareness and Guidance. Ich bin gespannt, für was Die Booze, die Drugs und die Fuck Week stehen.

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In der abendlichen Supernatural-Folge isst einer der Protagonisten einen vierst?ckigen Waffelturm mit Sahne, Früchten und Ahornsirup. Dabei l?sst er sich unn?tig ausschweifend darüber aus, wie lecker und schmackhaft die Waffeln sind. Mir fehlt die Energie, um nach der Fernbedienung zu greifen und die Szene vorzuspulen.

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Wache nachts auf und denke an Toast Hawaii. Toast Hawaii ist de?nitiv kein kulinarisches Highlight. Das letzte Mal habe ich wahrscheinlich vor 35 Jahren Toast Hawaii gegessen. Oder sagen wir lieber mit zw?lf. Das klingt weniger nach ?Opa erz?hlt von früher“.

Als Kind mochte ich Toast Hawaii nicht einmal besonders. An der hei?en Ananas habe ich mir immer den Gaumen verbrannt. Jetzt würde ich ein K?nigreich für einen Toast Hawaii geben. Allerdings habe ich gar kein K?nigreich. Somit bleiben meine Toast-Hawaii-Gelüste unerfüllt.

23. Februar 2023, Berlin

Nach zwei, drei Tagen ohne Nahrung soll sich das sogenannte Fastenhoch einstellen. Glückshormone werden verst?rkt ausgeschüttet, Stresshormone reduziert, du fühlst dich entspannt, erholt und unter Umst?nden sogar euphorisch. Das Fastenhoch hat aber vergessen, bei mir vorbeizuschauen. (Wahrscheinlich h?ngt es mit der Keton-Produktion ab und isst Pommes.) Als ich aufwache, bin ich antriebslos, nur m??ig gut gelaunt und das erste, an was ich denke, ist Pizza Margarita mit gefülltem K?serand.

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Mittags fange ich mit der Steuererkl?rung für letztes Jahr an. Das tr?gt auch nicht gerade zur Verbesserung der Laune bei. Vor allem die Frage des Programms, ob ich Gesch?ftsessen von der Steuer absetzen m?chte.

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Sp?ter recherchiere ich im Internet nach Rezepten für Apfel-Streusel-K?sekuchen. In der Hoffnung, Bilder von leckeren Kuchen heitern mich auf. Spoiler Alert: Tun sie nicht.

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Bei Supernatural wird schon wieder unnormal viel gegessen. Ich grusle mich inzwischen weniger vor den Szenen, in denen blutrünstige Vampire oder gewaltt?tige D?monen Menschen meucheln, sondern mehr vor den Momenten, wenn irgendjemand in einen Burger oder eine Pizza bei?t.


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24. Februar 2023, Berlin

Fastentag Nummer 4. Das Fastenhoch war immer noch nicht da. Ich liege morgens im Bett, bin super kaputt und es kostet mich unfassbar gro?e ?berwindung, aufzustehen und nicht dem Verlangen nachzugeben, den ganzen Tag im Bett liegen zu bleiben.

Ich mache mir einen Tee, setze mich aufs Sofa und lese im Internet. Vielleicht bleibe ich hier den ganzen Tag sitzen.

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Das morgendliche Laufen klappt dagegen überraschenderweise recht gut. Zumindest im Vergleich zu gestern. Vielleicht hat sich mein K?rper doch mal bequemt, die Ketone zu produzieren. Durch meine gesch?rften Sinne nehme ich allerdings auch die Gerüche der D?nerbuden, B?ckereien und Asia-Imbissen intensiver wahr. Das ist nicht ganz so sch?n.

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Der Rest des Tages ist umso beschwerlicher. Ich bin die ganze Zeit hungrig und muss permanent an Essen denken. Im Internet schaue ich mir Fotos von Leberk?ssemmeln, Bulettenbr?tchen, R?sti-Gerichten und Burgen an. Dazu h?re ich schwedische Kinderlieder auf Spotify. Es wird Zeit, dass das Fasten vorbei ist.

Damit meine Frau auch etwas von meinem Leiden hat – das f?llt unter die schlechten Zeiten einer Ehe –, schicke ich ihr die Essensbilder. Sie antwortet, dass sei wie Foodporn. Allerdings auf niedrigem Niveau. Weniger 9? Wochen, sondern mehr Auf der Alm da gibt’s koa Sünd.

25. Februar 2023, Leipzig

Der Wecker klingelt um 5 Uhr. Eine Uhrzeit, zu der ein klingelnder Wecker nie sch?n ist, aber schon gar nicht an einem Samstag. Wir müssen so früh aufstehen, weil wir heute nach Leipzig wollen. Der Sohn k?mpft dort bei der U18 Deutschen Meisterschaft. Er wird heute sicherlich einen anstrengenderen Tag als wir haben: Deswegen m?chte ich wegen des frühen Aufstehens nicht jammern. (Oder nur ein bisschen.)

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Aber nicht nur der Sohn hat einen gro?en Tag, sondern ich auch: Meine Fastenkur ist vorbei. Leider bedeutet das nicht, dass ich mir ein Full English Breakfast mit Bohnen, Spiegelei, Würstchen und frittierten Tomaten und Pilzen reinzimmern kann. Nein, am Aufbautag soll sich der K?rper erstmal ganz langsam wieder an feste Nahrung gew?hnen. Somit besteht mein Frühstück lediglich aus einem geschnittenen Apfel, was nur so semi-befriedigend ist. Beziehungsweise gar nicht befriedigend.

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Durch das Fasten sind unsere Energiereserven vollkommen aufgebraucht. Wie ein greises Ehepaar schl?ppeln meine Frau und ich zur U-Bahn-Station. Am Zoologischen Garten müssen wir eine steile Treppe hoch gehen. Ich bin kurz davor, bei der H?lfte eine Pause einzulegen, um Kraft zu sammeln.

Glücklicherweise sitzen wir im Zug nach Leipzig 70 Minuten lang und k?nnen uns ausruhen. Vor uns hockt eine Gruppe von Sportstudent*innen. Sie sind Anfang 20 und strotzen nur so vor Vitalit?t und Energie. Der Kontrast zu uns k?nnte nicht gr??er sein.

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Das Turnier verl?uft für den Sohn nach dem Motto ?Dabei sein ist alles“. Er hatte sich Anfang der Woche im Training wahrscheinlich den kleinen Zeh gebrochen. Das ist nicht gerade optimal, um erfolgreich eine Deutsche Meisterschafat zu bestreiten. Er hat zwei K?mpfe, die er beide verliert. So hoch wie das Niveau in seiner Gewichtsklasse war, w?re er auch mit ungebrochenem kleinem Zeh wohl eher nicht auf den vorderen Pl?tzen gelandet. Das ist aber nicht weiter schlimm. Er hat sich wacker geschlagen und es war trotzdem ein tolles Erlebnis.

Schlimm ist dagegen, dass es beim Hallen-Imbiss Buletten-Br?tchen mit Senf gibt und ich keins essen darf.

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Vor der Abfahrt unseres Zuges laufen meine Frau und ich durch den Leipziger Hauptbahnhof. Dort gibt es drei Burger L?den, zwei Pizza-Restaurants, drei B?ckereien, einen indischen und zwei asiatische Imbisse, ein Sushi-Restaurant, eine Eisdiele, eine Crêpes-Station, einen D?ner-Laden und vier St?nde, an denen du belegte Br?tchen und Teilchen kaufen kannst. Von den anderen Gesch?ften bekomme ich nichts mit.

Am Bahnsteig kostet es mich sehr viel Selbstbeherrschung, einem kleinen M?dchen, das neben uns steht und eine Ditsch-Pizza isst, ihr diese nicht aus der Hand zu rei?en und mir in den Mund zu stopfen.

26. Februar 2023, Berlin

Heute früh trinke ich das erste Mal seit einer Woche wieder Kaffee. Er riecht phantastisch, aber schmeckt etwas gew?hnungsbedürftig. Danke für Nichts, Fasten.

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Ich telefoniere mit meiner Mutter. Sie ist nicht gut drauf. Das ist sehr selten. Eigentlich ist sie einer der fr?hlichsten Menschen, die ich kenne. Sie hat aber einen guten Grund für ihre Missstimmung. W?hrend wir in dieser Woche durch das Fasten unser Leid selbst über uns gebracht haben, kam über sie vollkommen unverschuldet gro?es Pech.

Am Donnerstag ging sie zur Apotheke und auf der dreistufigen Treppe am Eingang stand vor ihr ein ?lterer Mann. Dieser verlor das Gleichgewicht und kippte nach hinten. Meine Mutter drehte sich zur Seite, stürzte dabei selbst und fiel auf Knie und Schulter. Obendrein landete der Mann auch noch auf ihr. Das missfiel ihrer Kniescheibe und sie zerbrach. Meine Mutter wurde ins Krankenhaus gebracht, wo sie am Abend operiert wurde.

Dieser Vorfall würde allein reichen, um einem aufs Gemüt zu schlagen. Meine Mutter liegt nun aber bereits zum vierten Mal in den letzten drei Jahren im Krankenhaus. Nie wegen extrem dramatischer oder gar lebensbedrohlicher Eingriffe, aber irgendwann ist es auch mal gut.

Meine Mutter hasst es au?erdem, das Zimmer mit fremden Menschen zu teilen. Anscheinend hat sie dieses Mal eine besonders anstrengende Zimmernachbarin. Das kann sie mir am Telefon aber nicht wirklich erz?hlen, denn das würde besagte Zimmernachbarin mith?ren, was sie wahrscheinlich nicht weniger anstrengend machen würde.

Bis Mittwoch muss meine Mutter noch durchhalten. Dann darf sie nach Hause. Dort hat sie dann ein Einzelzimmer und bekommt eine exklusive 1-zu-1-Betreuung durch meinen Vater.

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